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Nordwestzeitung online
Autor: Marco Seng
Der Kultusminister ist von der Atmosphäre begeistert. Das Land hat zum 60. Jahrestag der Befreiung die Überlebenden eingeladen.
Ein Frühlingstag in der Lüneburger Heide. Auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Bergen-Belsen sind Jugendliche dabei, eine alte SS-Baracke freizulegen. Erde wird geschaufelt, Schubkarren ächzen, Schweiß rinnt. Als Bernd Busemann sich seinen Weg durch den Birkenwald bahnt, verharrt die Gruppe kurz. Schließlich stürzt sich ein junger Mann mit mächtigem Lockenschopf auf den Kultusminister, ergreift seine Hand und schüttelt sie herzhaft. »Ich komme aus Israel und freue mich riesig, dass ich hier sein kann«, sagt der junge Mann, der Harel Kariti heißt und zarte 16 ist. Harel drückt aus, was viele der 60 Jugendlichen aus 8 Nationen denken, die eine Woche die Spuren des traurigsten Kapitels deutscher Geschichte erforschen.
Von einer »tollen internationalen Atmosphäre« schwärmt der Organisator der 10. Jugendtreffs, Joachim Schwind. Und auch der Schirmherr der Veranstaltung, ist sichtlich angetan. »Aktive Erinnerungsarbeit ist anstrengend. Wenn sie auch körperlich spürbar ist, wirkt sie um so nachhaltiger«, erklärt Busemann. Der CDU-Politiker weiß, wovon er redet. In seiner Jugend pflegte er in Italien unter ähnlichen Bedingungen Kriegsgräber.
Für die Jugendlichen ist der Besuch des Ministers nur eine Episode in einer aufregenden Woche. Sie hätten von dem Workcamp in der Schule gehört und die Idee unheimlich spannend gefunden, erzählen Ania Mavczak (18) und Pawel Piwowar (17) aus Polen. Beide schneiden mit einer Blechschere Kunstwerke aus Aluminium, mit denen der Weg zum sowjetischen Kriegsgefangenen-Friedhof markiert werden soll. Dass Ania und Pawel ausgerechnet aus Auschwitz stammen, es ist nur eine von vielen Geschichten. Anderswo bereitet ein Gruppe aus Litauern, Weißrussen und Deutschen ein Gespräch mit Zeitzeugen vor. Zeitzeugen wie Marion Bieners. 14 Monate wurde die Jüdin in Bergen-Belsen gefangen gehalten, musste erleben, wie in den letzten Kriegswochen tausende Häftlinge auf der »fürchterlichen Rampe« starben. Ihr Bruder ist in einem der Massengräber beerdigt. »Dass aus etwas Negativem wie Bergen-Belsen etwas so Positives werden kann, hat mich tief bewegt«, sagt die 78-Jährige, die heute in Amsterdam lebt.
Busemann hat die Botschaft verstanden. Er will Bergen-Belsen ausbauen, will vergessenes Gelände erschließen, die Dokumentation erweitern, ein pädagogisches Konzept erarbeiten. Die Gedenkstätten-Stiftung, die das Land noch 2004 ins Leben rufen will, soll helfen. Auch im Hinblick auf den 15. April 2005. Zum 60. Jahrestag der Befreiung sind Überlebende aus aller Welt eingeladen.
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Geändert am 21.08.2007 14:27 von Backendautor